Aufrechte Körperhaltung durch Länge in den Flanken – Warum das Dehnen und Stärken des seitlichen Rumpfes so wichtig ist

Die Flanken – die Seiten deines Rumpfes – sind weit mehr als nur die äußere Begrenzung deines Oberkörpers. Sie sind ein komplexes Zusammenspiel aus Muskeln, Faszien und Knochenstrukturen, die eine zentrale Rolle für deine Wirbelsäulenstabilität, deine Atemkapazität und deine allgemeine Körperhaltung spielen. In einer Welt, die uns oft in statische Positionen vor dem Bildschirm zwingt, verkümmert die natürliche Variabilität und Aufrichtung, für die unser Körper gemacht ist. Yoga bietet hier ein gezieltes, körperintelligentes Gegengewicht, um diesen modernen Herausforderungen zu begegnen.

Biomechanisches Hintergrundwissen und die Anatomie der Flanken

Die Flanken umfassen den Bereich von den unteren Rippen bis zum Becken und beinhalten wichtige Muskeln, die für Haltung und Atmung entscheidend sind:

  • M. obliquus externus und internus (äußerer und innerer schräger Bauchmuskel): Stabilisieren den Rumpf und unterstützen Seitneigungen und Drehungen.
  • M. latissimus dorsi (breiter Rückenmuskel):
    Verbindet Schulter, Rücken, Becken – spielt eine große Rolle für Bewegungen & Haltung.
  • Zwischenrippenmuskeln (Interkostalmuskeln):
    Ermöglichen die Ausweitung des Brustkorbs beim Atmen.
  • Faszienstrukturen:
    Vernetzen Rippen, Becken und Wirbelsäule – Verkürzungen hier beeinflussen die gesamte Körperhaltung.

Wenn diese Muskeln dauerhaft in einer verkürzten Position oder verspannt sind, „zieht“ es den Oberkörper nach unten. Die Wirbelsäule verliert ihre Länge, die Schultern rollen nach vorne und der Atemraum wird eingeschränkt.

Warum Länge in den Flanken die Haltung verbessert

Eine aufrechte Körperhaltung ist kein statisches „Gerade-Stehen“, sondern das Ergebnis eines feinen Gleichgewichts. Die gezielte Arbeit an den Flanken bietet vielfältige Vorteile:

  • Verbesserte Atemkapazität: Mit jeder Einatmung heben sich die Rippen leicht. Sind die Flanken verkürzt, blockiert diese Bewegung und die Atmung bleibt flach. Durch die Dehnung und Mobilisierung der seitlichen Rippen entsteht mehr Platz, wodurch eine tiefere und entspanntere Atmung möglich ist.
  • Längere und flexiblere Wirbelsäule & Entlastung der Lendenwirbelsäule: Viele Rückenschmerzen entstehen, weil das Becken nach vorne kippt und der untere Rücken überlastet wird. Durch die Schaffung von Länge zwischen Brustkorb und Becken entsteht Raum. Die Wirbelsäule kann dekomprimieren, chronische Anspannung in den Seiten des Rumpfes gelöst werden, und die natürliche Beweglichkeit der Wirbelsäule in alle Richtungen wird gefördert. Es entsteht ein Gefühl von Weite und Freiheit.
  • Balance zwischen rechter und linker Körperseite: Viele Menschen sind einseitig verkürzt – z. B. durch Maus-Hand am PC oder einseitiges Tragen. Bewusste Verlängerung bringt Symmetrie zurück.

Um diese wichtigen Bereiche gezielt anzusprechen, habe ich eine 90-minütige Yogaeinheit für dich aufgenommen:


Alternativ findest du nachfolgend 5 Yogaübungen zur Dehnung und Stärkung der Flanken:

1. Seitliche Flankendehnung im Langsitz mit Armbewegung (Dandasana-Variation)

  • Strecke deine Beine lang nach vorne aus und richte dich im Langsitz (Dandasana) ganz bewusst auf, um Länge in der Wirbelsäule zu schaffen.
  • Verschränke deine Hände hinter dem Kopf, lass den rechten Ellbogen nach unten gleiten und den linken Ellbogen nach oben kommen.
  • Atme ein und lehne dich mit der Ausatmung etwas nach rechts rüber, wobei die Seite deines Beckens schwer am Boden bleibt.
  • Gehe dann in eine dynamische Bewegung über: Beuge dich mit dem oberen (linken) Ellbogen etwas nach vorne zur Seite, lasse den Ellbogen nach unten kommen und öffne dich dann wieder zur Decke, den Blick ebenfalls nach oben gerichtet.
  • Wiederhole diese Bewegung einige Male, während du darauf achtest, dass die Füße sanft geflext bleiben, um das Becken stabil zu halten.
  • Wechsle dann die Seite.

Diese Übung bewirkt eine gezielte Dehnung im Bereich der oberen und unteren Rippen. Die dynamische Bewegung mobilisiert die Wirbelsäule und die seitliche Rumpfmuskulatur, während die Haltung das Becken stabilisiert. Sie fördert die Flexibilität der Flanken und kann helfen, einseitige Spannungen zu lösen.

2. Seitliche Beugung im Sitzen (Parshva Sukhasana)

  • Bleibe im bequemen Sitz.
  • Hebe mit der Einatmung die Arme lang über den Kopf an. Mit der nächsten Ausatmung beuge dich seitlich nach rechts.
  • Achte darauf, dass der obere Arm komplett ausgestreckt ist, als würde dich jemand an den Fingern zur Seite ziehen. Öffne dabei den Brustkorb zum Himmel und lass die linke Seite deines Beckens ganz schwer auf dem Boden.
  • Überprüfe dein Körpergewicht, um weder nach vorne noch nach hinten zu kippen.
  • Nutze die Diaphragmatic breathing, um die seitlichen, unteren Rippen bewusst zu weiten. Wechsle die Seite.

Diese Haltung sorgt für eine intensive Dehnung der gesamten Körperflanke, insbesondere der Interkostalmuskeln und seitlichen Rumpfmuskulatur. Sie verbessert die seitliche Flexibilität des Brustkorbs und der Wirbelsäule und fördert die Fähigkeit, in die Seiten des Körpers zu atmen.

3. Die „Banane“ auf allen Vieren (Seitliche Flexion der Wirbelsäule)

  • Begib dich in den Vierfüßlerstand. Das linke Bein bleibt, wo es ist. Hebe das rechte Bein an und strecke es nach hinten, die Zehenspitzen bleiben aufgestellt.
  • Wandere mit den Zehenspitzen so weit nach hinten, bis die rechte Beckenseite ein Stückchen hinter der linken ist. Setze dann den rechten Fuß nach links rüber und lass die rechte Seite deines Beckens etwas schwerer werden.
  • Orientiere dich nach links, indem du die linke Schulter in Richtung linkes Becken ziehst und auch den Blick nach links richtest. Du darfst die Hände auch noch ein Stückchen weiter nach links setzen, achte aber darauf, dass das Becken mittig bleibt.
  • Lenke die Atmung in die rechte Seite deines Brustkorbs. Wechsle dann die Seite.

Diese Übung mobilisiert die Wirbelsäule in einer lateralen („Bananen“-)Form, dehnt die seitliche Rumpfmuskulatur und verbessert die Flexibilität der Flanken auf eine einzigartige Weise. Sie fördert zudem die Körperwahrnehmung und kann helfen, einseitige Spannungen zu lösen.

4. Flankenstreckung im Krieger 1 (Variation von Parsvakonasana)

  • Stelle aus dem herabschauenden Hund den rechten Fuß nach vorne zwischen deine Hände und richte dich auf in eine Variation des Krieger 1, wobei die Arme angehoben sind und du sanft in eine Rückbeuge kommst.
  • Öffne dich dann in eine Kaktusposition, ziehe die Schultern und Ellbogen nach hinten und setze dich tief ins Becken.
  • Lege die rechte Hand auf die rechte Seite des Beckens, während der linke Arm lang bleibt. Lehne dich dann nach rechts rüber, um die linke Seite noch länger werden zu lassen.
  • Das hintere Bein bleibt komplett gestreckt, das vordere Bein ist gebeugt.
  • Der obere Arm ist komplett gestreckt, als würde dich jemand an den Fingern ziehen. Wechsle die Seite.

Diese dynamische stehende Haltung kräftigt die Beinmuskulatur und sorgt gleichzeitig für eine tiefe Dehnung und Verlängerung der gesamten Körperseite. Sie öffnet den Brustkorb, verbessert die Stabilität und fördert eine aufrechte, ausgerichtete Körperhaltung.

5. Passive Flankendehnung auf der Seite mit Bolster (Side Bolster Stretch)

  • Lege dich auf die linke Seite über ein Yogabolster oder ein dickes Kissen, sodass die linke Bauchseite darauf aufliegt.
  • Dein linker Arm streckt sich lang zum Boden aus, dein linkes Bein ist im 90 Grad Winkel nach vorne angewinkelt.
  • Lege den rechten Arm lang über Kopf, sodass die rechte Hand auf die linke Hand kommt.
  • Das rechte Bein ist lang. Drücke den rechten Fuß wie in eine unsichtbare Wand und strecke den rechten Arm so lang wie möglich, um aktiv Länge zu schaffen.
  • Achte darauf, dass dein Becken dabei übereinander ausgerichtet ist.
  • Erlaube dir dann, diese Position langsam passiver werden zu lassen, indem du das rechte Bein leicht beugst und den Arm entspannst.

Diese Haltung bietet eine tiefe, passive Dehnung der gesamten lateralen Linie des Körpers. Sie ist hervorragend geeignet, um chronische Spannungen in den Flanken zu lösen, die Wirbelsäule sanft zu dekomprimieren und die Brustkorbmobilität für eine freiere Atmung zu verbessern. Die passive Dehnung ermöglicht ein tiefes Loslassen.

Conclusion:

Die bewusste Dehnung und Stärkung deiner Flanken ist ein kraftvoller Weg, um deine Körperhaltung nachhaltig zu verbessern, ein tiefes Gefühl von Länge und Weite in deinem Körper zu kultivieren und dadurch freier zu atmen und Rückenschmerzen Adé zu sagen.

Probiere diese Übungen aus und spüre, wie sich dein Körper anfühlt. Vielleicht nimmst du schon nach kurzer Zeit einen Unterschied zwischen deiner linken und rechten Seite wahr oder bemerkst, wie sich deine Atmung verändert.

Similar Posts

Leave a Reply