Ein befreiter Brustkorb & bewegliche Schultern: Dein Weg zu mehr Wohlbefinden mit Yoga

Fühlst du dich oft verspannt im oberen Rücken, hast du abgerundete Schultern oder das Gefühl, nicht tief genug atmen zu können? In unserem modernen Alltag, der oft von sitzenden Tätigkeiten geprägt ist, entwickelt unser Körper Strategien, um der Schwerkraft entgegenzuwirken und unseren Schwerpunkt zu kontrollieren. Dies kann jedoch zu Kompensationsmustern führen, die sich als abgerundeter oberer Rücken und nach vorne gezogene Schultern äußern – oft, weil das Brustbein und der Brustkorb nach unten gedrückt sind und die Schultern mit sich nach vorne ziehen.

Die Wurzel des Problems: Wie gerundete Schultern entstehen

Was viele nicht wissen: Gerundete, nach vorne gezogene Schultern sind oft nicht das eigentliche Problem, sondern ein Symptom eines umfassenderen Kompensationsmusters deines gesamten Körpers. Dein Körper reorganisiert seine Wirbelsäulenkurven im Laufe der Zeit, um aufrecht zu bleiben und einen ausgeglichenen Schwerpunkt zu bewahren. Doch warum passiert das?

Der Einfluss des Beckens

Wenn der obere Rücken abgerundet und nach hinten gedrückt ist, liegt das häufig daran, dass etwas darunterliegendes nach vorne verschoben ist – oft das Becken. Wenn das Becken zu weit nach vorne geschoben oder gleichzeitig zu stark untergeschoben ist, muss sich der obere Rücken und die Schultern zurücklehnen, um zu verhindern, dass du nach vorne fällst und die Kontrolle über deinen Schwerpunkt verlierst.

Brustbein und Brustkorb in ungünstiger Position

Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Position deines Brustbeins und deines Brustkorbs. Häufig sind diese nach unten gedrückt (Depression) und ziehen die Schultern mit sich nach vorne. Dies führt zu einer Kompression der Vorderseite des Brustkorbs und zieht die Schultern in eine Innenrotation, wodurch auch der Nacken nach vorne gezogen wird.

Eingeschränkte Atmung als Verstärker

Diese komprimierte Brustkorbposition schränkt die vollständige Zwerchfellatmung erheblich ein und verhindert, dass sich der Brustkorb mit jedem Atemzug in alle Richtungen ausdehnen kann.

Wenn die Brust sich nicht richtig öffnen kann, sucht sich der Körper Kompensationsstrategien, wie zum Beispiel das Vorschieben des Kopfes, um die Atemwege zu öffnen. Dies verstärkt die schlechte Haltung über die Zeit.

Ein entscheidender und oft übersehener Faktor ist die vollständige Ausatmung. Wenn wir gestresst sind, lassen wir manchmal einen Teil der Luft im Körper zurück, was eine tiefe Einatmung unmöglich macht. Eine vollständige Ausatmung, die auch die seitliche Bauchmuskulatur nutzt, ist essenziell. Damit ist ein großes Ausatmen durch den Mund für 5 bis 10 Sekunden gemeint, bei dem du spürst, wie sich die unteren Rippen senken und zusammenziehen. Dies hilft, die benötigte seitliche Bauchspannung aufzubauen und den Raum für die nächste Einatmung optimal vorzubereiten.

Wie Yoga unterstützen kann – Der biomechanische Ansatz

Die Praxis von Yoga, insbesondere mit einem biomechanischen Verständnis, kann dir helfen, die Grundursachen von abgerundeten Schultern und einem eingeschränkten Brustkorb anzugehen. Es geht darum, deinem Körper beizubringen, wie er den Raum in alle Richtungen erweitern und die Schultern wieder effektiv auf einem besser positionierten Brustkorb bewegen kann. Es ist ein ganzheitlicher Ansatz, der Kopf, Brustkorb, Hüften und Füße in ein besseres Alignment bringt.

Ich habe dir eine 90-minütige Yogaeinheit genau zu diesem Thema aufgenommen:

https://youtu.be/nPH4iCOG9w0

Alternativ findest du nachfolgend 6 Yogaübungen, die dir helfen, deine Brust zu öffnen und deine Schultern zu mobilisieren, basierend auf biomechanischen Prinzipien:

Übungen für einen offenen Brustkorb & bewegliche Schultern

1. Katze-Kuh (Marjaryasana-Bitilasana) mit Brustkorb-Fokus

  • Beginne auf allen Vieren.
  • Atme ein und komme bewusst in eine Hohlkreuz-Bewegung im oberen Rücken, hebe den Kopf an und nimm das Kinn so weit wie möglich nach oben.
  • Mit der Ausatmung rundest du den Rücken und bringst das Kinn so nah wie möglich zur Brust.
  • Konzentriere dich darauf, die Bewegung nicht nur aus dem unteren Rücken, sondern aus dem Brustkorb zu initiieren. Stell dir vor, du willst mehr Rundung in den obersten Bereich deiner Brustwirbelsäule bringen.
  • Führe 8-10 Wiederholungen aus.

Biomechanischer Nutzen:
Diese Übung hilft, die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule zu verbessern, die oft steif ist. Das bewusste Anheben und Runden im oberen Rückenbereich fördert die Flexibilität und die Fähigkeit, den Brustkorb bei der Atmung zu erweitern.

2. Brustkorb-Öffnung in Bauchlage (modifizierte Sphinx)

  • Lege dich auf den Bauch.
  • Platziere deine Ellenbogen direkt unterhalb der Schultern, die Unterarme sind parallel nach vorne gerichtet.
  • Drücke sanft durch die Innenkante deiner Unterarme und die Handflächen in den Boden, um dich leicht anzuheben und dein Brustbein und deine Brust anzuheben.
  • Halte den Blick geradeaus, um den Nacken neutral zu halten.
  • Atme vollständig aus, spüre, wie die Rippen etwas absinken, aber lasse das Brustbein nicht vollständig nach unten fallen.
  • Halte diese Position beim Einatmen und spüre, wie sich deine Brust mit Luft füllt, während der Nacken entspannt bleibt.
  • Bleibe hier für 6-8 tiefe Atemzüge.

Biomechanischer Nutzen: Diese Haltung lehrt deinen Körper, die Vorderseite des Brustkorbs zu öffnen und die Rippen mit jedem Atemzug zu erweitern. Sie hilft, die Depression des Brustbeins zu adressieren, die oft zu abgerundeten Schultern führt. Sie trainiert die Zwerchfellatmung, die für eine optimale Haltung und Bewegung unerlässlich ist.

3. Tadasana mit Armöffnung und Ellenbogen greifen

  • Beginne in einer aufrechten Stehposition (Tadasana): aktiviere die Oberschenkel und den Bauch leicht.
  • Drehe die Handflächen nach vorne und bringe die Arme auf Schulterhöhe.
  • Führe die Arme etwas weiter nach hinten, indem du die Schulterblätter zusammenziehst.
  • Drehe die Daumen nach unten und versuche, die gegenüberliegenden Ellenbogen hinter dem Rücken zu greifen. Wenn das nicht möglich ist, greife die Unterarme.
  • Rolle die Schultern bewusst nach hinten und versuche, die Arme leicht vom Rücken anzuheben. Halte dabei die Aufrichtung im Oberkörper bei.
  • Bleibe hier für 6-8 Atemzüge.

Biomechanischer Nutzen: Diese Übung hilft, die Schultern aus der internen Rotation zu bringen und die Brust zu öffnen. Sie stärkt die Rückenmuskulatur, die für eine aufrechte Haltung notwendig ist, und erhöht die Beweglichkeit im Schultergürtel.

4. Adlerarme (Garudasana-Arme) im Stehen mit Rückenrundung

  • Beginne im Stehen.
  • Hebe die Arme auf Schulterhöhe, Handflächen nach oben.
  • Kreuze den rechten Arm über den linken und verschlinge die Arme so, dass sich die Handflächen treffen können.
  • Bringe die Daumen zum „dritten Auge“ (den Bereich zwischen deinen Augenbrauen).
  • Beginne nun, die Ellenbogen langsam nach vorne und weiter nach oben zu heben, während du gleichzeitig Rundung in deinen oberen Rücken bringst.
  • Versuche, besonders den obersten Bereich deiner Brustwirbelsäule zu runden und die Schulterblätter voneinander wegzuziehen. Möglicherweise musst du dafür das Kinn leicht nach hinten nehmen.
  • Bleibe hier für 6-8 Atemzüge und wechsle dann die Armposition andersherum.

Biomechanischer Nutzen: Diese Bewegung ist hervorragend, um die Schulterblätter von der Wirbelsäule wegzuziehen und Raum im oberen Rücken zu schaffen. Sie hilft, die oft vernachlässigte Beweglichkeit des Brustkorbs in Flexion zu verbessern und entgegenwirkt der Tendenz, nur im unteren Rücken zu runden. Sie verbessert die Fähigkeit der Schulterblätter, auf dem Brustkorb zu gleiten.

5. Unterstützte Rückbeuge über Blöcken

  • Lege dich auf den Rücken.
  • Platziere einen Block unter deinem oberen Rücken (gegenüber dem Beginn des Brustbeins, am unteren Rand der Schulterblätter) in der zweiten oder dritten Höhe.
  • Einen zweiten Block kannst du für den Kopf verwenden.
  • Achte darauf, dein Becken so zu positionieren, dass du Platz im unteren Rücken hast.
  • Wähle eine der folgenden Varianten und bleibe dort für 5-6 tiefe Atemzüge
Passive Variante:
Lege die Arme entspannt an die Seiten, Handflächen nach oben, und lasse dich über die Blöcke sinken. Atme tief und bewusst in den Brustraum, spüre, wie sich der Brustkorb mit jeder Einatmung zum Himmel hebt und die Schulterblätter zum Boden sinken.
Aktive Variante 1:
Nimm einen Gurt um die Oberarme (nah an den Ellenbogen). Strecke die Arme über den Kopf, Daumen zeigen nach unten, Handflächen parallel. Drücke aktiv gegen den Gurt, um die Schultern von den Ohren wegzurollen und die Arme weiter nach unten zu bringen, bis die Daumen vielleicht den Boden berühren.
Aktive Variante 2:
Alternativ kannst du die Hände zwischen den Blöcken zusammenbringen, während die Ellenbogen lang bleiben.

Biomechanischer Nutzen: Diese Übung ist eine hervorragende Möglichkeit, den Brustkorb passiv oder aktiv zu öffnen und die Extension der Brustwirbelsäule zu fördern. Sie hilft, Verspannungen im Brustbereich zu lösen und die Atmung zu vertiefen. Die aktive Variante verbessert die Stabilität und Kontrolle der Schultern in einer geöffneten Position.

6. Drehhaltung in Rückenlage (Supine Twist) mit Brustöffnung

  • Lege dich auf den Rücken.
  • Strecke ein Bein lang aus und beuge das andere Bein, sodass das Knie zum Boden fallen kann (ggf. Block unterlegen).
  • Schiebe die Hüfte auf der oberen Seite leicht von dir weg, um Platz zu schaffen.
  • Öffne dich dann in eine Drehhaltung, indem du den Arm, der sich öffnet, etwas höher als 90 Grad nach oben bringst. Dies hilft, zusätzliche Dehnung in den Brustbereich zu bringen.
  • Der Kopf kann sich ebenfalls zur Seite drehen.
  • Bleibe hier für 6 tiefe Atemzüge, dann wechsle die Seiten.

Biomechanischer Nutzen: Drehungen fördern die Rotation der Wirbelsäule, was für die allgemeine Beweglichkeit des Rumpfes wichtig ist. Indem du den oberen Arm höher positionierst, intensivierst du die Öffnung im Brustkorb und adressierst die laterale (seitliche) Ausdehnung, die für eine vollständige Atmung entscheidend ist.

Conclusion

Ein ganzheitliches Verständnis deines Körpers und eine achtsame Yogapraxis können dir helfen, nicht nur deine Haltung zu verbessern, sondern auch dein allgemeines Wohlbefinden zu steigern. Die hier vorgestellten Übungen sind ein erster Schritt auf diesem Weg, um die Mobilität deiner Schultern zu verbessern, deinen Brustkorb zu befreien und deine Atmung zu vertiefen. Nimm dir die Zeit, diese Übungen bewusst zu spüren und beobachte, wie dein Körper sich verändert.

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