Yoga für einen entspannten Mittelrücken: Biomechanische Ansätze gegen Rückenschmerzen

Während der Fokus bei Rückenschmerzen oft auf dem unteren Rücken liegt, schauen wir uns heute an, welche Rolle der mittlere Rücken, also der Bereich rund um die Brustwirbelsäule, spielt und wie du ihn durch eine biomechanisch fundierte Yogapraxis entlasten kannst.

Was genau ist der „mittlere Rücken“ – und warum macht er Probleme?

Der mittlere Rücken umfasst den Bereich der unteren Brustwirbelsäule (BWS) am Übergang zur Lendenwirbelsäule – also die unteren ca. sechs der zwölf Brustwirbel zwischen dem Nacken und dem unteren Rücken sowie die ersten ein bis zwei Lendenwirbel. Anders als der sehr mobile Halsbereich und der stabile untere Rücken hat die BWS eine wichtige Mischfunktion:

  • Sie trägt die Rippen und bildet dadurch den Schutzraum für Lunge und Herz.
  • Gleichzeitig ist sie beteiligt an der Rotation und Aufrichtung des Oberkörpers.
  • Und sie beeinflusst maßgeblich unsere Atemmechanik und Schulterbeweglichkeit.

Häufige Ursachen für Verspannungen im mittleren Rücken:

  • Langes Sitzen mit eingefallener Haltung
    Begrenzte Beweglichkeit in Schultern oder Becken (der Rücken kompensiert)
    Ungleichgewicht in der Rumpfmuskulatur – z. B. durch zu viel Spannung im oberen Rücken oder Bauchbereich
    Eingeschränkte Atembewegung, insbesondere in den seitlichen und hinteren Rippen.

Biomechanisch betrachtet ist der mittlere Rücken also ein Kompensationsraum: Wenn umliegende Strukturen nicht gut zusammenarbeiten, übernimmt die BWS Aufgaben, die eigentlich nicht in ihren Bereich gehören – das führt über Zeit zu Schmerzen und Steifheit.

Besonders häufig ist es, dass aufgrund starker Verspannung des mittleren Rückens die unteren Rippen nach vorne geschoben sind. Dies ist sowohl bei Menschen mit Holzkreuz meist der Fall als auch bei Menschen mit sehr flachen Rücken, bei denen der Bereich des mittleren Rückens oft der einzige Bereich mit Lordose ist.

Warum Yoga bei Schmerzen im mittleren Rücken hilft

Yoga hat das Potenzial, den mittleren Rücken auf mehreren Ebenen zu entlasten – physisch, funktionell und emotional:

  • Mobilisation der Wirbelsäule: Durch bewusste Bewegungen wie Drehungen oder Seitneigungen wird die Brustwirbelsäule wieder „durchlässig“.
  • Kräftigung der Rumpfmuskulatur: Stabilität entlastet die passiven Strukturen (wie Bänder und Faszien).
  • Förderung der Atmung: Tiefe Atemzüge mobilisieren die Rippen und lockern fasziale Spannung (meinen Artikel zu den Vorteilen der Zwerchfellatmung findest du hier).
  • Bewusstheit und Entspannung: Der mittlere Rücken speichert oft emotionale Spannung – Yoga hilft, loszulassen.

Effektive Yoga-Übungen für den mittleren Rücken und gegen Rückenschmerzen

Ich habe dir ein 90-minütiges Yogavideo für den mittleren Rücken aufgenommen. Dieses findest du hier:

https://youtu.be/k0GWvIBgZuc

Alternativ findest du nachfolgend 4 Yogaübungen zur Entlastung des mittleren Rückens.

1. Katze-Kuh-Bewegungen mit Fokus auf den mittleren Rücken

  • Begib dich in den Vierfüßlerstand. Du kannst die Knie leicht erhöht auf Blöcken platzieren, wenn es sich für dich angenehmer anfühlt.
  • Beginne mit klassischen Katze-Kuh-Bewegungen: Mit der Einatmung gehst du in ein leichtes Hohlkreuz, und mit der Ausatmung machst du deinen Rücken ganz rund. Achte darauf, die Bewegung aus dem Becken zu initiieren und die gesamte Wirbelsäule zu mobilisieren.
  • Besondere Ausführung für den Mittelrücken: Konzentriere dich auf eine bewusste Übertreibung der Rundung im mittleren Rücken. Mit der Einatmung bleibst du in einer neutralen Position, und mit der Ausatmung schiebst du den mittleren Rücken bewusst nach oben zum Himmel. Die Herausforderung dabei ist, wirklich den mittleren Rücken hochzuschieben und nicht nur den oberen Rücken zwischen den Schultern. 
  • Du kannst die Zehen leicht nach außen öffnen und dein Körpergewicht etwas nach hinten verlagern, um die Dehnung zu intensivieren und das Becken leicht nach hinten zu kippen.

Wirkung:
Diese Übung kann dir helfen, tiefe Verspannungen im mittleren Rücken zu lösen und die Beweglichkeit zu erhöhen. 

2. Vorwärtsbeuge: Rücken entlasten durch gezielte Rundung

  • Stelle dich hüftbreit auf deine Matte, gerne mit leicht gebeugten Knien, um mehr Raum im Rücken zu schaffen.
  • Beuge dich nach vorne und platziere deine Hände auf Blöcken in der höchsten Position unter deinen Schultern.
  • Lass deine Fingerspitzen die Blöcke berühren und schau leicht nach vorne, um Länge in den Rücken zu bringen.
  • Beobachte zunächst, was bei der Ausatmung natürlich in deinem Rücken passiert. Dann versuche bewusst, ein sanftes Gefühl der Rundung in den mittleren Rücken zu bringen, als wollte er leicht nach oben zum Himmel drücken. 

Wirkung:
Diese sanfte Bewegung hilft, Länge in die Wirbelsäule zu bringen und eine angenehme Dehnung im unteren und mittleren Rücken zu erzeugen, die oft über das Gesäß bis nach unten spürbar ist. Du kannst auch bewusst den gesamten Rücken rund machen und das Becken dabei etwas nach hinten kippen, während der Kopf hängen darf. Diese Herangehensweise bringt die Dehnung gezielt in den Rücken, anstatt primär in die Beine.

3. Seitliche Vorwärtsbeuge im Sitzen: Flanken dehnen für mehr Flexibilität

  • Setze dich auf ein Kissen und öffne deine Beine in eine bequeme Grätsche, Zehen zeigen nach oben.
  • Strecke den linken Arm lang parallel zum Ohr aus.
  • Drehe dann deinen Oberkörper zur rechten Seite und wandere mit der rechten Hand zur Innenseite deines Beines, oder greife Fuß/Unterschenkel.
  • Achte darauf, dass beide Seiten deines Beckens geerdet bleiben.
  • Das Ziel ist, sowohl im unteren Rücken als auch in der Flanke Dehnung zu spüren.
  • Mit der Ausatmung schiebst du bewusst den mittleren Rücken nach hinten und lässt den Oberkörper gleichzeitig leicht in eine Rundung nach vorne und zur Seite fallen.
  • Der obere Arm kann gebeugt sein, solange der Ellenbogen weiterhin von dir wegstrebt und die Dehnung erhalten bleibt. 

Wirkung:
Diese Position hilft, Verspannungen in den seitlichen Rumpfmuskeln zu lösen, die oft mit der Wirbelsäule in Verbindung stehen.

4. Unterstützte Rundung mit dem Block: Tiefe Entspannung für den Lenden- und Mittelrücken

  • Lege dich auf den Rücken und platziere einen Yoga-Block in der niedrigsten Position unter deinem Gesäß, sodass du gerade noch mit dem Kreuzbein darauf liegst.
  • Beobachte, was in deinem mittleren Rücken passiert. Ist er noch in der Luft? Dann nutze die Atmung, um mit der Ausatmung bewusst rund im mittleren Rücken zu werden.
  • Wenn du nichts spürst, kannst du den Block eine Stufe höher nehmen. Das Ziel ist, ein Gefühl der Länge an der Vorderseite des Beckens zu bekommen und eine Veränderung im oberen Teil des unteren Rückens zu spüren. 
  • Zum Abschluss kannst du die Beine sanft anheben, um den Effekt auf den unteren und mittleren Rücken zu intensivieren.

Wirkung:
Diese Übung hilft dir, die Verbindung zu deinem mittleren Rücken zu stärken und eine entspannte Rundung zu kultivieren, die oft durch sitzende Tätigkeiten verloren geht.

Fazit: Weniger Druck – mehr Beweglichkeit

Verspannungen im mittleren Rücken entstehen meist nicht isoliert, sondern im Zusammenspiel mit Haltung, Atmung und muskulären Ungleichgewichten. Mit einem bewussten, biomechanisch fundierten Yoga-Ansatz kannst du diesen Bereich gezielt entlasten – und deinem Körper (und deinem Nervensystem) etwas Gutes tun. Schon 15 Minuten täglich reichen aus, um wieder mehr Raum, Beweglichkeit und Leichtigkeit im Rücken zu spüren.

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